Rubrik

06: TEXTE

SPRACHRÄUME

sprachraum 11 zeigen sehr das ungefähre spülen seine vielen spuren aus dem zwiespalt der fassade fühlen wie sich zeilen teilen meinen ewig jung zu werden jedem zweifel überlegen mit scharfen sichelsilben selbst nach stumpfer antwort sehnend sprachraum 13 sich allein ins reine reden keinen rest an rechnung offen der tiefe oder liebe wegen sein leben ans fenster […]

WENN DIE KATZE EIN PFERD WÄRE

Pferde gehorchen mir einfach nicht, wegen meiner Unart, die Zügel schleifen zu lassen. Die ersten Versuche endeten im Graben und der Ratschlag, ich solle die Reitpeitsche gebrauchen, bewirkte das Gegenteil: Ich stieg vom Pferd und bin nie wieder aufgesessen. Man darf mich einen Absteiger nennen; ich muss nicht um jeden Preis reiten. Nun aber holt […]

ELEGIE IM FREIEN FALL

Wieder ein Springer abgestürzt, lese ich in der Zeitung, schuld sei die Reißleine. Er hinterlässt eine Frau und Kinder. Was fühlt man wohl, wenn sich der Fallschirm nicht öffnet? Welche Augen macht einer, der vom Himmel fällt? Ich kann es mir nicht vorstellen, weil es unvorstellbar ist. Aus diesem Stoff werden Alpträume gemacht. Da rast […]

GEWALTIGER MENSCH

Am Anfang herrschte nur Leere, die Stille des Vakuums. Weder Zeit noch Raum existierten, ein unvorstellbares Nichtvorhandensein. Kein Hebel wirkte, kein Quäntchen Ladung, kein Gesetz. 15 Milliarden Jahre später sitze ich auf der Terrasse, höre Johann Sebastian Bach von der CD und tippe in den Computer: Aus diesem Nichts wurde ein Etwas geboren. Nicht nur […]

INSELSONNTAG

Zu unseren Lieblingzielen gehört die Fraueninsel, wegen ihrer kleinen Größe. Eine Runde auf dem Uferweg könnte man in wenigen Minuten schaffen, was uns jedoch noch nie gelungen ist und auch diesmal nicht gelingen wird. Das soll nicht heißen, wir wären schwach auf den Beinen. Aber allzu gerne kehren wir ein, lassen uns ablenken und aufhalten. […]

PHILOSOPH DER SIEBEN MEERE

EINE COLLAGE „Wir haben das Kap Guardafui hinter uns gelassen und sind in einen Bereich absoluter Stille eingetreten. Seit achtundvierzig Stunden ist das Meer glatt und wie ölig, mit Ausnahme der Stellen, wo eine kleine Brise seine Oberfläche kräuselt oder sie mit einem Netz winziger Runzeln bedeckt, so regelmäßig verteilt wie die Maschen eines Gewebes. […]

DIE RUNDHEIT DES LUFTBALLONS

EINE LEKTION Verschiedenfarbig hätten sie sein sollen, mehrere bunte Ballons wünschte sich mein Lehrer. Die Anzahl war freigestellt, aber ungerade sollte sie sein; drei, fünf oder sieben Stück, gebündelt an Schnüren. Mit Bleistift waren zunächst die Konturen zu zeichnen, freihändig und möglichst exakt. Im zweiten Arbeitsschritt hatte man Wasserfarbe aufzutragen und dabei eine gewisse Harmonie […]

BÄNKELSÄNGERS MORITAT

War es Ungeschick, das ihn als Beobachter verriet, sein Teleobjektiv, in dem sich die Sonne spiegelte, vielleicht dieses heimliches Getue, wofür seine Schauspielkunst nicht reichte? Jedenfalls wurde er beim Fotografieren ertappt und es war ihm zuwider, als ihn die Frau zur Rede stellte, unterstellte, dass er im Auftrag des Ehemannes spioniere. Ein Streit kam in […]

VOM SINN DES STEIGENS

EINE BETRACHTUNG ÜBER PÄPSTLICHE EXTRATOUREN, EINEN SCHNEEHAUFEN UND DIE MORAL IN EISIGEN HÖHEN ZUM EINSTIEG Berge sind geologische Erhebungen, je nach Entstehungsgeschichte von unterschiedlicher Beschaffenheit, Form und Ausdehnung. Damit wäre eigentlich schon das Wesentliche gesagt, würde es den Menschen und seine Sehnsüchte nicht geben. Durch sie erfährt der Berg eine zusätzliche Erhöhung, einen Mehrwert. Blicken […]